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Wettbewerb

Künstlerische Gestaltung der U2 Station PilgramgasseWettbewerbssiegerin: Katja Davar

Künstlerische Gestaltung der U2 Station Pilgramgasse

Mit den Wiener Linien verbindet Kunst im öffentlichen Raum Wien eine lange Zusammenarbeit. Dank dem aktuellen Ausbau der U-Bahn findet diese Erfolgsgeschichte mit drei neuen Kunstwerken für den neuen Linienabschnitt der U2 (Fertigstellung 2028) zu einem weiteren Höhepunkt: Katja Davar gewann den Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung in der U-Bahnstation Pilgramgasse, Phil Collins jenen für die künstlerische Gestaltung in der Station Matzleinsdorfer Platz und Maria Ziegelböck für die Station Neubaugasse.

Die Trasse für die neue Station „Pilgramgasse“ der U2-Verlängerung kreuzt die U-Bahn-Linie U4. Der neue U2-Bereich der künftigen Kreuzungsstation liegt teilweise unter dem Wienfluss und erstreckt sich von der Rechten Wienzeile im fünften Bezirk bis zur Linken Wienzeile im sechsten Bezirk. Unter der bestehenden U4 entsteht ein großzügiges, neues Stationsgebäude, das die Fahrgäste über Rolltreppen und mehrere Aufzüge erreichen. Die Stationszugänge in der Hofmühlgasse und Rechten Wienzeile werden unter dem Wienfluss miteinander verbunden.

Mit der künstlerischen Gestaltung soll in die Raumkonzeption der Station ein künstlerisches Erkennungszeichen gesetzt werden, das den Raum ästhetisch definiert und dem Ort eine unverwechselbare Identität gibt. Für den Entwurf standen zwei sich über mehrere Niveauebenen erstreckende Wandflächen – eine im Querformat im Schacht Wienfluss und eine im Hochformat gegenüber den Liften im Schacht Hofmühlgasse – sowie ein Lüftungsturm im Straßenraum des sechsten Bezirks zur Verfügung. Der Wettbewerb wurde als geladenes, einstufiges Realisierungsverfahren durchgeführt.

Die achtköpfige Jury hat sich am 27. Februar 2024 für den Entwurf von Katja Davar entschieden.

Katja Davar, „Swift Messengers. Migration – das Naturschauspiel des Vogelzugs"

Katja Davars Entwurf ist zweiteilig: Mit „Elastic Navigation“ lässt sie die weltweit neun wichtigsten Vogelzugrouten auf den emaillierten Wandpaneelen der Station Pilgramgasse zu einer riesenhaften abstrakten Pixelgrafik aus Farben und Mustern verschmelzen, die Assoziationen zu einer Weltkarte hervorruft. Einerseits ist sie eine Referenz an die Migrationsflüsse der Vögel, die mittlerweile vom Klimawandel beeinflusst werden, also auch als Indikatoren für diesen gesehen werden können. Gleichzeitig verweist die Künstlerin auf die Aufgabe der Wiener Linien, denn die Zugrouten der Vögel zeichnen sich durch ultimative Schnelligkeit und Energieeffizienz aus. Der zweite Teil der Arbeit, „Picnic songs“, stellt eine große, nahrungsreiche Pflanze – die Form basiert auf einem Organisationsschema einer New Yorker Eisenbahnlinie aus dem Jahr 1855 – dar. Ihre farbigen Punkte erscheinen wie Beeren, eine der lebenswichtigen Nahrungsquellen für die Vögel, die wiederum als Samenverbreiter für den Erhalt unseres Ökosystems von entscheidender Bedeutung sind.

Katja Davar schafft mit einer bemerkenswerten visuellen Leichtigkeit eine poetische Verknüpfung zwischen Natur, Technik und aktuellen Fragen nach der Wechselbeziehung zwischen den Lebewesen und ihrer Umwelt. Sie bindet die Stadt Wien mittels Flugrouten der Zugvögel in das große Weltgefüge ein. Ihr Entwurf lässt individuelle wie auch universelle Lesarten zu: Die Referenz, das Netz(werk) der Zugvögel, das Kulturen, Landschaften und Menschen auf natürliche Weise verbindet und erhält, kann als eine Allegorie auf das Kosmopolitische, genauso wie auf Fragen zur Ökologie in einem vom Menschen bestimmten Zeitalter und seinen komplexen Kommunikationsnetzwerken verstanden werden. Gleichzeitig steht die Arbeit metaphorisch für eine zukunftsorientierte klimafreundliche Mobilität

--- Statement der Jury

Weitere Wettbewerbsbeiträge

Esra Ersen, „Die Erinnerung eines Flusses“

Eine detaillierte historische Recherche der Bevölkerung um den Wienfluss mit Fokus auf dem späten 19. bis frühen 20. Jahrhundert liegt dem Entwurf von Esra Ersen zugrunde. Die Strömungen des Flusses werden als Metapher für die soziale und kulturelle Entwicklung seiner Umgebung gelesen. Im Schacht Hofmühlgasse sieht Esra Ersen ein die gesamte Wand füllendes Bild vor, das sie als „tatsächlich nur erfahrbar“ bezeichnet, nämlich vom gegenüber liegendem Lift aus. Auf dem rosa marmorierten Hintergrund eines historischen Buchumschlags collagiert sie die – großteils weiblichen – Figuren einer Arbeiterinnenschicht zwischen Bettlerstiege, Wäscherinnendasein, Textil- und Glashandwerk, Vergnügungsindustrie und Prostitution. Die Arbeit ist als Druck auf die in diesem Stationsbereich eingesetzten Glasfaserbetonplatten konzipiert. An der Wand im Schacht Wienfluss platziert Ersen ein Tafelbild in derselben Materialität, das die Figur einer Mariahilfer Tänzerin der 1920er Jahre zeigt.

Judith Fegerl, o. T.

In Judith Fegerls Praxis geht es um Energie, Technologie und systemische Strukturen. Ausgangspunkt ihres Entwurfs ist die Platine, im speziellen die Matrixplatine, die universell einsetzbar ist und sich für Experimente und die Entwicklung neuer Schaltungen eignet. Mit den Strukturen unterschiedlicher Matrixplatinen generiert Fegerl Reliefs, die sie in die im Schacht Hofmühlgasse vorgesehenen Glasfaserbetonplatten fräsen lässt. Partiell angebrachte runde Metall-Applikationen aus eloxiertem Aluminium deuten eine mögliche Verschaltung an. So entstehen formale Referenzen zur Architektur Otto Wagners und inhaltliche Referenzen an die Vernetzung innerhalb der Stadt und das Potential der Mitgestaltung. Mit den unterschiedlichen Reliefplatten entwirft Fegerl Kompositionen ihrer „Platinenarchitektur“ für beide Stationswände.

Haruko Maeda, o. T.

Haruko Maedas Malerei hat die Vergänglichkeit und den Kreislauf von Leben und Tod zum Inhalt. In feinstem Handwerk knüpft sie so etwa an die Tradition des Vanitas-Stilllebens an und transportiert dieses nicht ohne Ironie in die Gegenwart. Maedas Gemälde für die Wand zwischen Rolltreppe und Stiegen im Wienfluss-Schacht zeigt Pflanzen und Vögel im Kreislauf des Lebens: Vögel sitzen auf Zweigen, fliegen, fangen Insekten, sterben und schlüpfen im Nest über dem Querträger, Früchte reifen, Blätter verwelken, trockenes Laub sammelt sich am Boden, dazwischen finden sich entsorgte Flaschen, Getränkedosen und überdimensionierte Zigarettenstummel. Im Zentrum steht ein Feigenbaum, an dem die Künstlerin immer vorbeigeht, wenn sie die Station Pilgramgasse am Weg zum Kunstbedarfsgeschäft passiert. Das Wandbild würde sie wie Porzellanmalerei im Emaille-Werk vor dem Brennen direkt auf die Emaille-Paneele malen.

Christoph Niemann, o. T.

Christoph Niemann thematisiert in seinem Entwurf das U-Bahn-Netz als verbindendes Element und dessen Knotenpunkte als Orte der Begegnung. Seine „Wandzeichnung“ für den Schacht Wienfluss – eine grafisch abstrahierte Darstellung von Fluss und Bewegung, die Trassen, Figuren und Waggons erkennen lässt – ist als Siebdruck auf Emaille-Paneelen vorgesehen, jene für den Schacht Hofmühlgasse als Digitaldruck auf Glasfaserbetonplatten. Hier wird auf der vertikalen Wandfläche die technische Innovation von U-Bahn-Planung und Bau dargestellt. Für den Lüftungsturm auf der Linken Wienzeile hat Niemann ein Fliesenmosaik entworfen, das mit grünen und violetten Fliesen die Verflechtung der Linien U4 und U2 darstellt.

Ort

U2 Station Pilgramgasse

Weiterführende Info

Geladenes diskursives Verfahren zur künstlerischen Gestaltung der U2 Station Pilgramgasse, 1050/1060 Wien

Kooperation KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien und WIENER LINIEN

AUSLOBERINNEN

KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien

WIENER LINIEN

VERFAHRENSORGANISATION

KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien

VORPRÜFUNG

Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Monika Trimmel

WETTBEWERBSJURY

Juliane Feldhoffer, Kuratorin (i. V. Katrina Petter)

Michael Höpfner, Künstler

Silvia Jankovic, Bezirksvorsteherin 5. Wiener Gemeindebezirk (verhindert)

Gorana Krajnovic, Architektin Architektengruppe U-Bahn | ZT GmbH

Stijn Lernout, Künstler

Jeanette Pacher, KÖR-Juryvorsitzende und Kuratorin

Peter Peternell, WIENER LINIEN

Markus Rumelhart, Bezirksvorsteher 6. Wiener Gemeindebezirk

SACHBEIRAT

Karl Auer, Wiener Linien

Jürgen Grabner, Stadt Wien (MA 46 Verkehrssicherheit)

Martin Jatzko, Wiener Linien

Thomas Knoth, Wiener Linien

Cornelia Offergeld, KÖR Wien, Kuratorische Leitung

Martina Taig, KÖR Wien, Geschäftsführung

Monika Trimmel, Architektin

Frank Zechner, Planung Architektur, Projektleiter Stellvertreter

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Künstlerische Gestaltung der U2 Station PilgramgasseWettbewerbssiegerin: Katja Davar

Zeitraum

Fertigstellung geplant: 2028

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