Die Kuratorin Nora Mayr hat für eine neue Ausgabe ihrer Projektserie Wandertag die Künstler*innen Martin Chramosta, Jojo Gronostay und Christiane Peschek eingeladen, spezielle Orte in Wien auszusuchen und für diese künstlerische Interventionen zu entwickeln. Die Inszenierungen – in einem Badehaus, einer Einkaufsstraße, einem Bundesverwaltungsgericht – eröffnen ungewohnte Blicke auf Wien. Den Titel Wandertag entleiht Nora Mayr dem gängigen Vokabular in Schulen, wo diese Ausflüge ein Ausbrechen aus dem Alltagstrott und in Wien eine Aussicht auf ein Abenteuer in der eigenen Stadt bedeuten. In diesem Sinn laden die Interventionen Besucher*innen dazu ein, aus Bewegungsmustern auszubrechen, das übliche Tempo des Seins in der Stadt zu verändern sowie Kunst und Stadtteile neu zu erleben.

Wandertag wurde von Nora Mayr während des Corona bedingten Lockdowns konzipiert, als der Außenraum einer der wenigen Orte für sichere zwischenmenschliche Interaktion sowie physisches Erleben von Kunst zu sein schien. In dieser Zeit entstand das Projekt als Ergebnis einer kuratorischen Erkundung und eines Verständnisses des öffentlichen Raumes als „neuer Rückzugs- und wiederentdeckter Austragungsort für Kunst“, so Mayr.

2021 startete Wandertag mit Projekten der Künstler*innen Julischka Stengele, Lukas Thaler, Marianne Vlaschits sowie Anna Witt und geht 2023 in eine zweite Runde.

Wandertag #5 : CHRISTIANE PESCHEK - Führung & Badehaus Erlebnis, 1. April 2023 / Augmented-Reality-Skulpturen im Außenbereich der Sargfabrik, 1. April bis 31. Mai 2023

„Seit mehreren Jahren beschäftigt sich Christiane Peschek in ihrer künstlerischen Arbeit mit Verbindungen und Grenzen von digitalen und analogen Körpern. Sie untersucht das Potenzial von digitalen Selbstdarstellungen als Form der Selbstfürsorge, erprobt in sogenannten „Post-Body-Spas“, wie unsere erweiterten virtuellen Existenzen Erholung erfahren können, oder kreiert intime, performative Inszenierungen zur körperlichen Regeneration.

Für Wandertag #5 führt Christiane Peschek ihre Besucher*innen in den 14. Wiener Gemeindebezirk und bespielt sowohl den Innen- als auch den Außenraum der Sargfabrik Wien. Mit einem Fokus auf das digitale Erleben entwickelt die Künstlerin im Außenbereich drei Augmented-Reality-Skulpturen, die sich mit der Architektur des Wohnprojektes verweben und auf den Handys der Betrachter*innen zu digitalen Bildern von fluiden, wabernden Körpern mit haut- und knochenähnlichen Oberflächen werden. Ergänzt werden die Objekte durch eine Audiocollage, die, abrufbar über die Wandertag-Website, Handlungsanweisungen zum Thema Entspannung versammelt.

Im Kontrast dazu inszeniert Peschek im Badehaus der Sargfabrik ein eintägiges, multisensorisches Spa-Erlebnis abseits des digitalen Seins. Durch eine umfassende Verwandlung des Innenraums entsteht eine Oase mit ausgewählten Entspannungs-Essenzen, einem Wasserbecken mit Soundwellen und Wasserperlen, die die Körper der Besucher*innen umschmeicheln." - Nora Mayr

Die drei Stationen im Außenraum der Sargfabrik können selbstständig begangen werden. Die Stationen der Augmented-Reality-Skulpturen sind ab 1. April 2023 auf der Wandertag-Website zu finden.

Wandertag #6 : MARTIN CHRAMOSTA - Führungen, 3. und 7. Mai 2023 / Skulpturen im Außenbereich des Bundesamtsgebäudes Erdberg, 3. bis 7. Mai 2023

In Vergessenheit geratene Kunst am Bau-Projekte standen im Fokus von Martin Chramostas Erkundungen durch Wien. Beim Bundesamtsgebäude Erdberg im dritten Wiener Gemeindebezirk wurde er fündig: Im großflächigen Innenhof des kafkaesk anmutenden Gebäudekomplexes (gebaut 1978-1987) erscheinen die dicht gedrängten Skulpturen des Künstlers Robert Herfert wie abgestellt und zurückgelassen – zwischen Aschenbechern und Mülleimern, Wartenden, Gruppen von Schüler*innen oder vorbeieilenden Passant*innen.

An diesem eigenartigen Zwischenraum setzt die künstlerische Intervention Chramostas an: „Gehäuse“ nennt er seine Objekte, die, verteilt über Innenhof und Garten, formal an funktionales Außenraummobiliar erinnern, um dann auch wieder aus dieser Anmutung auszubrechen. Es sind Assemblagen, für die der Künstler in der Umgebung gefundene Materialien mit Referenzen auf die Architektur des Gebäudes verbindet und Spannungsfelder zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem, Monumentalem und Skizzenhaftem, Auratischem und Alltäglichem erzeugt.

Die einzelnen Stationen des Spaziergangs sind ab 3. Mai 2023 auf der Wandertag-Website zu finden. Martin Chramostas Skulpturen sind im Innenhof (Zugang über Erdbergstraße 192-196) und im Garten (Markhofgasse 21, links neben dem Parkhaus) des Bundesamtsgebäudes Erdberg zu finden.
Der Garten des Gebäudes ist von Mittwoch bis Freitag zwischen 07:00 und 15:30 geöffnet. In diesem Zeitraum ist der Zugang über das Parkhaus möglich. Außerhalb dieser Zeiten kann die Intervention im Garten vom Gehsteig aus in der Markhofgasse durch den Zaun betrachtet werden. Der Innenhof ist durchgehend geöffnet.

Wandertag #7 : JOJO GRONOSTAY - Führungen, 23. Juni und 1. Juli 2023 / Temporäre Interventionen auf der Meidlinger Hauptstraße, 21. Juni bis 2. Juli 2023

Zwei Wochen lang mischt sich Jojo Gronostay in den visuellen Raum der Meidlinger Hauptstraße ein. Unter dem Titel An impressionistic travel journal inszeniert er auf der Einkaufstraße eine künstlerische Form der Werbekampagne: An Straßenlaternen fixierte Schilder zeigen Schwarz-Weiß-Fotografien von Parfumflakons, kombiniert mit zerstückelten Werbeslogans aus der Parfumwelt. Mit dem Parfum rückt Gronostay ein Produkt in den Fokus, das für Luxus steht. Vergleichbar mit der Flüchtigkeit eines Duftes entzieht sich das Projekt einer einzigen Auslegung und eröffnet das Spiel für vielfältige Assoziationen.

Jojo Gronostay lotet in seiner Arbeit die Grenzen zwischen Mode, Konsum und Kunst aus und erforschte die politischen und wirtschaftlichen Strukturen zwischen den ehemals kolonialisierten Ländern Afrikas und der sogenannten westlichen Welt. Seine Fotos zeigen zu Skulpturen zusammengesetzte Parfumflakons, die von Privatpersonen aus dem 12. Bezirk stammen. In ihrer Verfremdung erinnern die Formen an afrikanische Skulpturen aus dem frühen 20. Jahrhundert in Europa. Wie Portraits einer vergangenen Welt verweben sich die minimalistischen Fotografien mit poetischen Aussagen rund um Begehren, Sehnsucht und Verführung. Die collagierten, englischen Werbesprüche erscheinen in der Meidlinger Hauptstraße, liebevoll auch MeiHau genannt, entsprechend der Bevölkerung des 12. Bezirks mehrsprachig.

Die einzelnen Stationen des Spaziergangs können selbstständig begangen werden und sind ab 21. Juni 2023 auf der Wandertag-Website zu finden.